Ein Göttinger Anwalt zeigt eine Polizistin wegen Verdachts der Falschaussage vor Gericht an. Ihre Aussage hatte einen Demonstranten belastet.
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Die Hannoveraner Polizeieinheit habe ein Wortprotokoll ihrer Lautsprecherdurchsagen vorgelegt, berichtet der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam. Er vertritt die Beschuldigten. Der Datenträger, auf dem die Durchsagen im Original gespeichert worden seien, sei angeblich nicht mehr vorhanden.
Adam zufolge enthält das ersatzweise von der Polizei vorgelegte Wortprotokoll an mehreren Stellen die vermeintliche Durchsage einer beschränkenden Verfügung. In einer mündlichen Hauptverhandlung über einen der Widersprüche am 19. Juni habe eine Hannoversche Polizeibeamtin, die die Durchsagen selbst gemacht haben will, diese Aussage in einer Befragung nochmals bestätigt.
Doch das ist ganz offensichtlich die Unwahrheit. Rechtsanwalt Adam selbst bringt anschließend Videomaterial der Göttinger Bürgerrechtsinitiative „BürgerInnen beobachten Polizei und Justiz“ in das Verfahren ein, das sämtliche Durchsagen der Polizei während des in Rede stehenden Einsatzes in Bild und Ton dokumentiert. Die besagten beschränkenden Verfügungen sind in den Durchsagen nicht enthalten. „Die vermeintliche Mitschrift der Originalaufnahme ist damit falsch“, konstatiert Adam. „Und ein Strafvorwurf gegenüber den Betroffenen nicht mehr zu halten.“
Das sieht das Amtsgericht genauso. Mit dem nun veröffentlichten Beschluss vom 7. November spricht es den Beschuldigten frei. „Ein Tatnachweis konnte nicht geführt werden“, heißt es in dem Urteil. „Der Verteidiger des Betroffenen hat ein Video vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass eine Beschränkung der Versammlung nicht ausgesprochen wurde. Die Echtheit des Videos wird auch von der Staatsanwaltschaft nicht in Frage gestellt.“
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Am Montag stellte Adam deshalb Strafanzeige gegen die Beamtin wegen des Verdachts der Falschaussage vor Gericht: „Ohne das Video wären sieben Personen wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt worden, die sie nicht begangen haben.“
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Da wurde mal jemand erwischt. Wie viele Bürger sind schon Opfer solche Machenschaften geworden bei denen niemand erwischt wurde?
Vor allem: wenn sie schon bei öffentlich stattfindenden Dingen wie Lautsprecherdurchsagen so dreist lügen, was machen sie dann erst in SItuationen, in denen sie alleine mit den Bürger:innen sind? Und wie sicher muss man sich fühlen, dass einem nix passiert, dass man sich traut, wegen so einem Kleinkram so öffentlich zu lügen?
Allein in den letzten jahren gab es zahlreiche Fälle, wo öffentlich wurde, dass die Polizei gelogen hat. Mit so genialen Aussagen des Gerichts, wie einer Richterin, die meinte sie sei schockiert und hätte sich das vorher niemals vorstellen können, dass die Polizei sowas machen würde. Eigentlich ist sie damit als Richterin für alles, was irgendwie mit der Polizei zu tun hat, ungeeignet.
Gerichte müssen endlich aufhören, Aussagen der Polizei als vertrauenswürdig anzusehen, insbesondere wenn die Polizei beschuldigt wird.
Eigentlich sollten alle Richter darin geschult werden so zu denken wie ein Sicherheitsexperte, d.h. so etwas wie unvorstellbare Situationen gibt es eigentlich gar nicht es sei denn sie sind tatsächlich physikalisch unmöglich (z.B. verifizierte Sichtung der verdächtigten Person an Ort A und Tat an Ort B 1000km entfernt 5 Minuten später). Etwas rein aufgrund von Motiven als unvorstellbar anzusehen ist ja wohl das allerletzte für jemand der menschliches Verhalten untersuchen soll.
Ach ja, die zweieinhalb Säulen unserer Demokratie…
Genug. Ich persönlich kenne so einige Fälle. In einem Fall musste vor Gericht das entsprechende Szenario nachgespielt werden und dann kam raus, dass der Vorfall, so wie die Polizisten ihn geschildert haben, unmöglich hätte stattfinden können. Gab einen Freispruch und die Richterin war ziemlich angepisst. Das muss wohl letztendlich eine richtig absurde Szene gewesen sein. Ich wäre gerne dabei gewesen.
Oh, es würden viel mehr erwischt werden, wenn wir hier so selbstverständlich Videos aufnehmen dürften wie in den USA?
Datenschutz wird hierzulande dazu missbraucht, die Staatsgewalt vor Strafverfolgung zu schützen.
Vor allem wenn dann zufällig in bestimmten Momenten Bodycams geschlossen ausfallen…