Mensch jetzt hab ich schon so viel in den Titel gepackt bleibt ja gar nichts mehr übrig für hier.
Vielleicht sollte man auch mal aufhören, so zu tun, als ob der familiengeführte Bauernhof ein realistisches Modell für die Zukunft ist.
Landwirtschaft braucht hohe Investitionen über lange Zeithorizonte, auf sehr große Flächen verteilt und mit sehr viel Fachwissen. Es ist absurd anzunehmen, dass Bauer Knut, seine Frau und sein Sohn das machen. Entweder der Betrieb ist gnadenlos ineffizient oder Knut führt de facto ein kleines Unternehmen, womit es dann aber eigentlich auch nicht mehr ein Familienbetrieb ist als Bosch.
Wollen wir Effizienz um noch mehr zu exportieren oder eine Landwirtschaft die sich in die Landschaft einfügt, sie hegt und pflegt, und dabei ausreichend abwirft? Wollen wir dass es auch in Zukunft noch Dörfer gibt oder das die aussterben?
Und ist das vielleicht nicht fünf, zehn Cent pro Liter Milch mehr wert?
Oder, anders gesagt: Bitte jetzt nicht das Landwirtschaftsministerium an die FDP vergeben. Die CDU hat schon genug angerichtet.
Wollen wir 10 Milliarden Menschen ernähren oder nicht?
Im Übrigen heißt Effizienz ja nicht, tonnenweise Müll in den Boden zu kippen, damit der in 10 Jahren tot ist. Sondern es kann zB heißen, dass man über genug Land verfügt, um bessere Landmaschinen zu kaufen. Oder dass man in der Lage ist, mehrere Sorten Weizen anzubauen, um sich gegen schlechtes Wetter abzusichern.
Milch sollte dafür auch nicht der Maßstab sein. Milch wird schlicht überproduziert. Es gibt mehr Milch in Deutschland, als wir brauchen. Warum sollte mir diese Überproduktion etwas wert sein?
Effizienz sollte auch bedeuten, angemessen anzubauen, also eben Getreide-, Obst- und Gemüsesorten zu wählen, die ins Klima und die äusseren Umstände passen und direkten Bedarf decken, nicht nur das, was am meisten Geld bringt. Hier in Australien wird unheimlich viel Zeug angebaut, was für einen so ariden Kontinent unangemessenen Wasserbedarf hat (z.B. Reis, Nüsse), und das geht hauptsächlich in den Export.
Vielleicht sollte man auch wieder mal zur saisonalen Verfügbarkeit zurückkehren. Muss es denn unbedingt zu jeder Jahreszeit Erdbeeren zu kaufen geben, die dann doch entweder aus dem Gewächshaus oder aus Übersee kommen?
Und wo genau widerspricht das einer betrieblichen Landwirtschaft?
Glaubst du, dass Familienbetriebe das besser hinbekommen? Die sind durch ihre geringe Fläche gerade den Unwägbarkeiten des Marktes ausgesetzt und gerade dadurch auch eher inzentiviert, Cash Crops anzubauen.
Wenn es um die Diskussion Genossenschaft versus Kapitalgesellschaft ginge, könnte man darüber reden. Aber Familienbetriebe sind ein Auslaufmodell und sollten es auch sein.
Wenn es um die Diskussion Genossenschaft versus Kapitalgesellschaft ginge,
Ich bleib mal bei mir im Norden: Hansano/Arla ist eine Genossenschaft (~7500 Betriebe), Nordzucker fast (AG, nur Rübenanbauer, Pächter und Verpächter können Aktien halten). Beide Exportieren absolut massiv. Nur um mal einen Eindruck zu geben: Arla hat das gesamte Kraft Markensortiment in ganz Afrika von Mondelēz gekauft, die spielen ganz weit oben mit.
Ich will jetzt nicht sagen dass Arla zu groß ist – ist deren gutes Recht gesamt Skandinavien (natürlich incl. SH) zu organisieren. Deren wirtschaftliche Ausrichtung aber, nuja. Milchpulver für die Welt. Sollten sich eher mal hinsetzen und tatsächlich in der Welt Milch zu produzieren und nicht nur Fabriken hinzustellen. Ist auch bei weitem nicht die einzige Genossenschaft hier, machen auch bei weitem nicht den besten Käse, die Krone geht an Gut von Holstein (bzw. Mitgliedsmeiereien) und deren Tilsiter.
Was die Maschinen angeht gibt’s sowohl genossenschaftliche Modelle, als auch schlicht und einfach Lohnunternehmen, da ruft der Bauer dann an und macht einen Termin ab wann der Mähdrescher vorbei kommen soll. Oder glaubst du dass sich Kleinbetriebe mit der Sense hinstellen?
Aber allgemein geht das ganze am Thema vorbei. Das Problem ist dass die Subventionen so ausgelegt sind dass du als kleiner Bauer entweder auf Überproduktion und Export trimmst, oder eben unter gehst. Alle anderen Modelle, die Bauern auch gerne mal machen würden wenn man sie lassen würden, werden abgesägt. Das hat nichts mit Effizienz zu tun, zumindest wenn du Externalitäten mit einrechnest. Ein anständiger Umgang mit der Natur braucht mehr Bauern – Leute die den Anbau auf die Natur abstimmen können, statt mit Rohstoffimporten den Boden der Frucht anzupassen. Ob die jetzt Genossen, Angestellte oder Selbstständige sind ist dafür komplett irrelevant: In allen Fällen brauchen wir genügend Dichte um lokal Entscheidungen fällen zu können.
Und das hat was mit den vorherigen Punkten zu tun?
Das es eben nicht um Organisationsformen geht? Egal wie organisiert, für eine anständige Landwirtschaft braucht es Kleinteiligkeit, Leute vor Ort auf dem Acker mit Entscheidungsspielraum und eben nicht Zwängen wie “Der Markt sagt die Chinesen brauchen jetzt Mais deshalb Bau ich den an, egal was der Acker will”. Die Chinesen haben genug Land die können selbst Zeug anbauen wenn sie das brauchen.
Aber die Familienbetriebe interessieren sich eben noch mehr für die (direkte) Unwelt in der sie leben. Sprich Bauer Knut auf Dorf XY interessiert sich für dieses, anonymes Großunternehmen eher nicht.
Ist das so? Glaubst du wirklich, Knut interessiert sich für den Boden in 10 Jahren, wenn er dieses Jahr die Raten für den Traktor abbezahlen muss?
Wie wäre es mal damit genau diese wirtschaftlichen Zwänge abzubauen? Knut die Subventionen zu geben statt Großbetrieben die sich nie für die lokale Umwelt interessieren werden egal wieviel Steuergeld man denen in den Arsch bläst?
Da unterscheidet sich dann der gute von dem schlechten Bauern.
Reden wir mal klartext, viele Bauern haben fachlich nichts auf dem Kasten. Das haben wir schon immer so gemacht, also wird auch weiterhin so gemacht. Wieso ist das so? Weil es nie den Bedarf gab etwas zu ändern oder sich zu informieren. Da solche Dinge wie Humus Aufbau für unsere Politik nie eine Rolle gespielt hat gab es nie einen Grund für Bauern sich darauf einzustellen.
Und wo genau widerspricht das einer betrieblichen Landwirtschaft?
Ich habe nicht behauptet, dass ein solcher Widerspruch vorliegt.
Glaubst du, dass Familienbetriebe das besser hinbekommen?
Das war nicht die Frage.
Die sind durch ihre geringe Fläche gerade den Unwägbarkeiten des Marktes ausgesetzt und gerade dadurch auch eher inzentiviert, Cash Crops anzubauen.
Während die Grossbetriebe von den Unwägbarkeiten des Marktes zwar etwas weniger betroffen sind, sie aber durch ihre Struktur eben Gewinnmaximierung betreiben wollen/müssen, und das geht mit cash crops eben wesentlich besser als mit Bedarfsdeckung.
Vielleicht muss man stattdessen passende Anreize schaffen, damit Familienbetriebe sich auf das Benötigte (und Nachhaltige) konzentrieren und trotzdem überleben können. Und vielleicht sollte man auch sicherstellen, dass die grossen Konglomerate nicht auch den Grossteil der viel zu allgemein gehaltenen Subventionen schlucken.
Wenn es um die Diskussion Genossenschaft versus Kapitalgesellschaft ginge, könnte man darüber reden. Aber Familienbetriebe sind ein Auslaufmodell und sollten es auch sein.
Naja, das Genossenschaftsmodell musste man nach der Wende ja unbedingt abschaffen…
Und was genau ist jetzt dein Punkt?
Mein Punkt ist der, auf den du in meinem vorherigen Post nicht eingegangen bist.
Was ist deiner?
Ich sehe hier keinen Wiederspruch. Dass wir mit der Überproduktion von Tierischen Produkten runter müssen ist klar. Die dadurch frei werdende Fläche können auch kleinere Höfe bewirtschaften. Und wie ja gesagt wurde, Landwirtschaft ist sehr wichtig für das Landschaftsbild. Außerdem haben die meisten eh keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft, mit dem Höfe sterben wird dies noch schlimmer.
Wollen wir 10 Milliarden Menschen ernähren oder nicht?
Wer ist “wir”? Wir die 10 Milliarden Menschen, ja klar, wir, Deutschland oder Europa, nein. Denn wir sind nicht alle. Wir können auch gerne Holsteiner Tilsiter nach China exportieren das ist ne Spezialität und den kann man nur hier herstellen, aber muss Milchpulver sein?
“Wir” sind die Menschheit. Deutschland kann sich nicht vollständig selbst versorgen, vor allem nicht mit Obst und Gemüse.
Und andere Länder können sehr gut Gemüse anbauen, aber brauchen dafür dann Importe von uns.
Klar, das kann man im Detail kritisieren, aber du scheinst eine ausgesprochen naive Vision von Landwirtschaft zu haben. Wir können nicht einfach einen auf Autarkie machen und uns dann alle freuen. So funktioniert die Welt nicht.
Deutschland kann sich nicht vollständig selbst versorgen, vor allem nicht mit Obst und Gemüse.
[citation needed]. Wir haben nun nicht gerade die Bevölkerungsdichte von Singapur. Wir haben noch nicht mal die Dichte von den Niederlanden die noch einiges Exportstärker sind. Würden wir weniger z.B. Milchprodukte exportieren hätten wir reichlich Fläche um Proteinpflanzen anzubauen. Die Linsen im Supermarktregal kommen wahrscheinlich aus Kanada, das Soja das deine Milch und dein Steak frisst kommt aus Südamerika.
Und, wobei, Jain, ich würde da eher die EU als eine Selbstvorsorgereinheit sehen. Äpfel kauf’ ich trotzdem nur aus dem Alten Land, das ist hier gleich um die Ecke. Ob die Weintrauben von der Mosel oder Elsass kommen ist nun eher egal. Warum wir im Winter frische aus Südafrika unbedingt brauchen, zumal zu Discounterpreisen, erschließt sich mir nicht wirklich. Ist nicht eigentlich gerade Rosinenzeit.
All das ist Ökologie, ein absolut gigantischer Haufen von Externalitäten der nicht nur vom Markt ignoriert wird, nein, die derzeitige Subventionsstruktur machen es sogar noch schlimmer, verstärkt das Marktversagen.
Singapur ist ein schlechtes Beispiel. Die sind nur so exportstark weil sie weiterverarbeiten bzw. veredeln. Angebaut wird dort kaum etwas.
Das meine ich doch gerade: Die haben kein Platz um anzubauen und selbst versorgen würde arg kritisch werden, auch mit vertikalen Farmen usw. Getreide kannste vergessen, gibt kein Reis oder Brot sondern Algen aus dem Bioreaktor, dann wäre das vielleicht machbar: Die kratzen gerade an 9000 Einwohnern/km2. Niederlande: 521, Deutschland: 232. Und ohne den ganzen Export gäbe es in den Niederlanden auch noch andere Landschaftsbilder als Gewächshäuser, dann hätten die auch noch Platz für Sumpf.
Da jetzt anzukommen und zu sagen “Deutschland kann sich nicht selbst versorgen” geht arg an der Realität vorbei. Klar, wir haben nicht aasig Platz wie die USA, wir haben nicht die Böden der Ukraine, aber “nicht selbst versorgen”?
Ich weiß nicht genau. Wenn wir die große Energievernichtung durch Fleisch und Milch sein lassen und das Soja, Getreide und den Mais selber essen, haben wir jetzt schon genug Nahrung um alle Menschen satt zu bekommen (zu faul Quelle zu suchen). Außerdem werden riesige Flächen frei, die wir nicht mehr bewirtschaften müssen. Die können wir der Natur zurück geben, verwalden lassen um CO2 zu binden, als Naherholungsgebiete nutzen, Wölfe und Büffel ansiedeln, das passiert auch bereits und ist im Half-Earth Projekt super schön zuende gedacht.
Unsere Nahrung könnten wir, angeleitet von Profis, gemeinschaftlich, solidarisch anbauen, ohne riesige Maschinen auf kleinen, effizient genutzten Mischkultur-Flächen. Das ist der Solarpunk-Ansatz, gefällt mir richtig gut. :)Die Hälfte der Bevölkerung ist depressiv weil wir allein vor Bildschirmen sitzen, Bullshit-Jobs machen, uns nicht genug bewegen und nicht mehr in der Natur sind. Das alles ändert sich, wenn wir uns den Gemüseanbau von den Konzernen zurück holen.
Und dann tanzen wir alle im Kreis und jauchzen?
Die Analyse ist ja nicht falsch, aber zu glauben, dass die Lösung ist, dass jeder in der Erde buddelt ist halt auch ein bisschen zu stark vereinfacht.
Unsere Gedanken bestimmen unser Handeln und ich versuche hier der Hoffnungslosigkeit, dem Zynismus und der Passivität etwas entgegen zu setzen. Unsere Nahrung ist zu billig und zerstört unsere Lebensgrundlage. Haben wir jetzt alle gecheckt, oder? Das müssen wir aber nicht hinnehmen! Statt satt und traurig vor dem Computer zu sitzen können wir alle die nächste Solawi in der Nähe suchen, dort anmelden, vielleicht auch ein wenig mithelfen und regenerative Landwirtschaft fördern. Das ist jetzt sofort möglich. Unsere Gemüsekiste kostet 25€ pro Woche, das ist teuerer als Bio bei Aldi. Das Gemüse ist manchmal noch dreckig und manchmal auch krumm, aber es wächst hier aus dem Boden, die Gemüsegärtnerin bekommt vernünftigen Lohn und der Acker wird jedes Jahr lebendiger und fruchtbarer, weil kein Pestizid mehr auf das Bodenleben gesprüht wird.
Es gibt überall so viele gute Lösungsansätze, aber die Leute bleiben einfach zuhause sitzen bis es brennt.aber zu glauben, dass die Lösung ist, dass jeder in der Erde buddelt ist halt auch ein bisschen zu stark vereinfacht.
Warum vereinfachst du es dann so?
An sich sind Familiengeführte schon möglich. Da kommt es dann halt sehr auf die Betriebsstruktur an(Wo; Was baut man; Eigenfutter; Was für Böden hat man; Wie lange besteht der Betrieb; Haupt oder Nebenberuflich). Bei Hauptberuflich geführten Betrieben spricht man dann natürlich trotzdem noch von Besitz und Schulden in Millionenhöhe, was zwar für die meisten viel ist ist in der Landwirtschaft nicht, da Investitionen ja so getätigt werden, dass diese sich nach spätestens 20 Jahren selbst bezahlt haben sind mehrere Millionen Euro Schulden auch kein großes Drama.
Zum Punkt Effizienz und so. Bloß weil eine Zentralisiertere Landwirtschaft effizienter ist ist es trotzdem Scheiße kleine Höfe systematisch Abzuschaffen. Man entzieht dadurch tausenden von Leuten die Lebensgrundlage und lässt diese mit einem riesigen Berg an Schulden(welche sich von selbst abbezahlen sollten) zurück. Des Weiteren ist eine dezentralere Landwirtschaft flexibler. Ein Betrieb der darauf ausgelegt ist jeden Tag 1000 Kühe zu melken kann nicht von heute auf morgen auf Ackerbau umschwenken, da die Ställe noch abbezahlt werden müssen. Kleiner(oft abbezahlt Höfe) können solch einen Wandel deutlich einfacher und schneller erledigen.
Die Abschaffung von Familienbetrieben ist ja auch super sinnvoll
Denk doch mal einer an die Aktionäre!